Research Program

SFB/TR15 Video-Podcast

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Zusammenfassung

Der Begriff Governance bezeichnet in der Ökonomie alle Strukturen in Unternehmen, Organisationen und Märkten, die das Verhalten der Wirtschaftssubjekte steuern. Innerhalb von Unternehmen oder Organisationen sind dies z.B. Entscheidungs- und Kontrollstrukturen, Anreizsysteme für Manager und Mitarbeiter oder der Grad der vertikalen und horizontalen Integration. Zwischen den Unternehmen ist es z.B. die Wettbewerbsintensität von Märkten oder die Art und Intensität staatlicher Regulierung.

Die Governance Strukturen von Unternehmen, Märkten und staatlichen Instanzen der entwickelten Volkswirtschaften haben sich seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts dramatisch verändert. Ziel der Arbeit im Sonderforschungsbereich ist es, die Ursachen und Auswirkungen dieser Veränderungen auf ihre Effizienz zu untersuchen und Schlussfolgerungen für die Verbesserung der Governance Strukturen abzuleiten. Forschungsbedarf besteht aus den folgenden Überlegungen heraus:

Jedes Unternehmen wird versuchen, interne Governance Strukturen zu schaffen, die den Beitrag der Unternehmensangehörigen zum Unternehmensziel optimieren. Mit den neuen Informations- und Kommunikationsmedien verändern sich jedoch diese Governance Strukturen drastisch.

Einerseits können Leistungen viel besser beobachtet werden – obwohl ihre Beobachtung oft mit erheblichen Kosten einhergeht. Jedenfalls löst die bessere Beobachtbarkeit differenziertere Leistungsansprüche aus, mit der Konsequenz, dass immer komplexere, dennoch immer unvollständige Anreizkontrakte geschrieben werden müssen.

Andererseits entstehen Produktivitätsgewinne zunehmend arbeitsteilig oder in neuen Formen der Arbeitsaufteilung innerhalb und zwischen Unternehmen. Solche Interaktionen waren lange durch traditionelle, informelle Kontakte geprägt. Sie werden jedoch zunehmend in formale Auswahl- und Kontrahierungsstrukturen eingebettet. Ein typisches Beispiel ist das Design von Turnieren zur Auswahl von Personal, wobei der Ausgang des einzelnen Turniers mit Externalitäten behaftet ist. Das Design von Anreizkontrakten oder Turnieren unter Einschluss der mit einem bestimmten Design verbundenen Nebenwirkungen ist ein typisches Governance Problem auf der Ebene des einzelnen Unternehmens.

Analoge Designprobleme treten bei der Betrachtung der Interaktion zwischen Unternehmen, sowie zwischen Unternehmen und Kunden auf Güter-, Finanz- oder Dienstleistungsmärkten auf, also für Governance Strukturen auf Märkten. Ein Beispiel ist das Design der Interaktion zwischen einander völlig unbekannten Marktteilnehmern über das Internet, im Kontrast zu der traditionellen persönlichen Interaktion zwischen Kunden und ihren Einzelhändlern.

Die Wirtschaftswissenschaften, einschließlich der in diesem Sonderforschungsbereich zusammen arbeitenden Forscher, haben mit einer Reihe neuerer Entwicklungen in der Spiel- und  Vertragstheorie sowie im Mechanismus Design auf diese Entwicklungen reagiert, ja sie zum Teil ausgelöst. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Entwicklung von Auktions- und Turniermechanismen. Der Beschaffungsbereich von Unternehmen und Staat wird zunehmend von Beschaffungsauktionen durchdrungen, die Auswahl von Führungspersonal in unterschiedlichen Wettbewerbsformen organisiert. Ein anderes Beispiel ist die Strukturierung von Kontrakten unter unvollständiger Information. Kontrakte können fast niemals allen Unwägbarkeiten Rechnung tragen. Deshalb wurden Regeln für optimale Kontrakte mit einem formalisierten und einem nicht formalisierten Anteil geschaffen.

Trotz der bereits großen Beachtung dieser Forschungsgebiete sind die sie umfassenden Themen längst nicht abschließend bearbeitet.  Im Kern der Weiterentwicklung stehen nach wie vor die Spiel- und die Vertragstheorie sowie die Gestaltung von Mechanismen unter verschiedenen Formen unvollständiger Information, mit Anwendungen in der Unternehmenstheorie sowie der Industrie- und der Institutionenökonomik, aber auch in der Kapitalmarkttheorie. Empirische Korrelate dazu werden mit kontrollierten Experimenten, strukturierten Fallstudien und der Schätzung von ökonometrischen Strukturmodellen geliefert. Die Schätzungen erfolgen mit Hilfe von eigens erhobenen Befragungsdaten oder von neu zusammengestellten Datenpaketen, die im derzeit erhältlichen Umfang in der Vergangenheit nicht zur Verfügung standen oder wegen begrenzter Rechenkapazitäten nicht bearbeitet werden konnten.

Die neuen Informations- und Kommunikationsmedien haben zur Entwicklung der Datenquellen erheblich beigetragen, und zwar offensichtlich direkt über Datenaufnahme- und Speichermöglichkeiten mit bisher ungekannter Kapazität, wie auch indirekt. Ein typisches Beispiel für den indirekten Beitrag ist die mit zunehmender Anonymisierung der Handelspartnerschaften einhergehende Notwendigkeit, vor einer Transaktion Auskünfte über den vorgesehenen Handelspartner einzuholen. Die Bereitstellung dieser Auskünfte auf mithilfe elektronischer Medien bereitgestellte Auskunftsplattformen ermöglicht ihre empirische Analyse.

Alle theoretischen und empirischen Analysen dienen schlussendlich dem Zweck, die Allokationsentscheidungen effizienter und den gesellschaftlichen Bedürfnissen entsprechend besser zu gestalten, und zwar auf der Ebene des einzelnen Unternehmens, auf der Ebene der Märkte, und auf der Ebene des Staates. Die Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Effizienz von Governance-Strukturen innerhalb und zwischen Unternehmen (Market Governance) ist Voraussetzung dafür.

Sprecher SFB TR 15

Prof. Dr. Klaus M. Schmidt

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